Was ist eigentlich ein Held oder eine Heldin? Die Theater-AG des Staufer-Gymnasiums dachte wohl bei der Erarbeitung ihres Stückes zu allererst an die Gestalt des Robin Hood, Rächer der Entrechteten. Und begab sich auf die Spur dieses sagenumwobenen Mannes, der allgemein gerne mit Heldentum in Verbindung gebracht wird, der aber als historische Persönlichkeit keineswegs belegt ist, sondern als Legende aus spätmittelalterlichen Balladen der angelsächsischen Literatur entsprungen ist. Dieses historische Wissen vermittelt im Stück Mr. James Earl of Huntingdon, ein ebenso gebildeter wie eingebildeter Professor, dem Publikum und einer Schulklasse, die gezwungenermaßen eine Ausstellung zu besagtem Helden besucht. Die Klasse, begleitet von einer etwas unbeholfenen Referendarin und gespalten in eine brave und eine sehr coole Clique, repräsentiert ganz unterschiedliche Charaktere, die sich auf individuelle Art und Weise mit der Geschichte von Robin Hood auseinandersetzen. Hinzu kommen eine um ihren Mann trauernde ältere Dame, eine aufgeweckte Vertreterin der städtischen Zeitung und der ständig hungrige Neffe des schrulligen Professors. Ihre Reaktionen auf die im Museum aufbereitete Geschichte von Robin Hood reichen von Ablehnung über Langeweile und Gleichgültigkeit bis hin zu echtem Interesse und authentischer Identifikation. Vor dem Hintergund von Schwarz-Weiß-Aufnahmen über das legendenhafte Leben des Robin Hood, die von der Theater-AG selbst gedreht wurden, treten die Konflikte zwischen den beiden Gruppen der Klasse deutlich hervor. Als schließlich eine Durchsage auf eine sich anbahnende Überschwemmung hinweist, die das Publikum an das Jahr 2024 denken lässt, werden die Tore des Theaters geschlossen und zwingen die Besucher*innen der Ausstellung dazu, sich in dieser Ausnahmesituation neu aufeinander einzustellen. Alle sind besorgt um das längerfristige Überleben und als der sich immer noch auf Nahrungsuche befindliche Neffe tatsächlich eine Truhe ausfindig macht, in der sich Bohnen und Müsliriegel befinden, gelingt es der Gruppe, sich auf eine faire Verteilung dieser letzten Ration zu einigen. Hineinkatapultiert in eine für den Moment unübersichtliche Notlage, drängen sich plötzlich Gedanken zu aktuellen Zusammenhängen ins Bewusstsein der Schüler*innen und aller anderen, die das Thema „Heldentum“ in neuem Licht erscheinen lassen. Welche Ursachen gibt es für die Flut? Welche Notstände warten in Zukunft auf die jüngere Generation und wie geht sie damit um? Welche Handlungsspielräume gibt es überhaupt noch und welche Alltagsheld*innen braucht es ganz akut, um diese noch zu nutzen? Das Lied „Keine Zeit“ von Dota Kehr, das alle Schauspieler*innen gemeinsam singen und bewegt inszenieren, schweißt sie schließlich in diesem Nachdenken und in der gemeinsamen Haltung des Aufbegehrens zusammen und hinterlässt für das Publikum die Botschaft: Wir müssen handeln, ehe es zu spät ist, wir haben schon viel versäumt und wir Kinder und Jugendlichen tragen die Konsequenzen. Es braucht uns alle, um diese Erde zu retten: Ehrliche, aufrichtige und beherzte Menschen, die sich aus ihren Komfortzonen hinausbewegen und ins Tun kommen. Gemeinsam. Heldenhaft. Und menschlich.

Die Theater-AG hat mit Helden x20-1 unter der Leitung von Franziska Gawehn ein Stück auf die Bühne gebracht, das von den Schüler*innen selbst entwickelt und für das die Texte selbst geschrieben wurden. Innerhalb der kurzen Probenzeit im Laufe eines Schuljahres ist somit eine beachtliche Meister*innenleistung entstanden, die ein großes Publikum unterhalten, begeistert und zum Nachdenken gebracht hat. Applaus für ein tolles Team und eine mit Leidenschaft engagierte Lehrerin!

Text: Pi, Bilder: Ga