Lesung mit Manfred Theisen in der Stadtbücherei

8.30 Uhr in der Stadtbücherei, die Schüler und Schülerinnen der 7a des Staufer-Gymnasiums sind vollzählig und warten mit Spannung zusammen mit Bibliothekar Uli Heim auf ihren Autor. Gäste am frühen Freitagmorgen sind Schulleiter Herr Losch und der erste Bürgermeister Jan Schölzel. Schölzel positionierte sich bereits in seinem Eingangsstatement, er sei fest davon überzeugt, dass Bücher nicht nur Wissen und Fantasie vermitteln, sondern auch Türen zu neuen Werten eröffnen können. Das Projekt Kicken & Lesen der Landesstiftung Baden-Württemberg zeige seit 16 Jahren immer wieder erfolgreich Schülern und Schülerinnen, dass Bücher genauso aufregend sein können wie ein Fußballspiel, Elfmeter inbegriffen. Aufregend war dann auch die 90-minütige, rasante Lesung von Manfred Theisen aus seinem Roman „Einer von 11“. Dabei las Theisen nicht „nur“ aus seinem Roman vor, sondern bot den Schülern und Schülerinnen immer wieder neue Denkansätze an: Warum tragt ihr die Trikots der Sieger? Wie entstanden die Trikots überhaupt?

Die kurze Geschichte nimmt die Zuhörer*innen mit an den Spielfeldrand eines Fußballspiels der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2018. Der innere Monolog des Einwechselspielers, während er sich für seinen Einsatz bereit macht, ist spannender als das Spiel selbst, das die Mannschaft zu verlieren droht. Der junge farbige Spieler denkt an sein Heimatland Nigeria, an seinen verstorbenen Großvater und an Kindertage in einer deutschen Großstadt, in denen er erlebte, was Rassismus bedeutet, nur weil das Kind dunkel ist, auch wenn es Deutsch fehlerfrei beherrscht. Die Gedanken des Einwechselspielers drehen sich immer wieder um Freiheit, um Menschenwürde, um Gleichheit und Toleranz, aber die Zuhörer*innen spüren auch seine Angst vor Ausgrenzung und zunehmendem Nationalismus. Aber in der Mannschaft ist er, als er eingewechselt wird „einer von elf und einer von ihnen“. Theisen zeigt mit seinem Roman, welche Integrationsleistung Fußball immer wieder vollzieht. Das ist die tatsächliche Leistung dieses Sports, nicht die Heldenverehrung, nicht das Geld.

Text & Bilder: Sh